Es ist Juni, es ist sehr warm und ich habe nur noch wenige Wochen Schule. Ich nutze die Zeit, die ich hier noch habe, und unternehme viel mit Freunden. Glücklicherweise müssen hier nur rund 20 % der Schüler Prüfungen schreiben und ich bin in keinem Fach dran gekommen. Daher habe jetzt viel Freizeit und bin auch mit den meisten Tests fertig, wir schauen eigentlich nur noch Filme, gehen auf Veranstaltungen oder machen Projekte. Vor einiger Zeit war ich mit meiner Trainingsgruppe in Trondheim, für einen Wettkampf. War nur ein Wochenende aber ich habe viel fotografiert, ein paar Bilder sind im Anhang. In den letzten Monaten war ausserdem die sogenannte “Russetid”. Russ sind die Schüler der 13. Klasse und es ist in Norwegen Tradition, dass diese mehrere Wochen lang feiern bevor sie mit der Schule fertig werden. Dazu kaufen sich viele grosse Reisebusse (sog. “Russebuss”) und tragen rote Overall-Anzüge. Es geht da immer viel um Alkohol und Sex und es wird viel Geld ausgegeben, aber es ist eigentlich eine nette Tradition die es schon seit langem gibt. Die Russetid endet mit dem 17. Mai (Nationalfeiertag) und danach müssen die Russ noch Prüfungen schreiben, oftmals sehr verkatert.
Dieser besagte 17. Mai war übrigens auch sehr schön. Es ist einer der wichtigsten Feiertage in Norwegen und alle bereiten sich gründlich darauf vor. Viele Frauen tragen Bunad, eine Tracht die sehr aufwändig von Hand hergestellt werden muss und über Generationen weitervererbt wird. Der 17. Mai wirkt sehr nationalistisch, ist aber in Wahrheit extrem naiv und unschuldig. Statt Militärparaden gibt es Kinderumzüge und Straßenorchester (barnetog og korps) und es dreht sich eigentlich in erster Linie darum, Eis zu essen und Sekt zu trinken… Ich war erst in der Stadt um den König zu sehen und danach zum Frühstück bei ein paar Schulfreunden eingeladen. Danach ging es Zuhause weiter mit Kaffe, Essen und Wein. So ist der Tag dann eigentlich zu Ende gegangen.
Über Himmelfahrt war ich mit meiner Gastfamilie in deren Sommerhaus in Kragerø. Einen Großteil der Zeit haben wir alles so halbwegs in Stand gebracht und repariert, mit einem Kumpel von mir war ich viel Angeln. Die restlichen Wochen waren soweit gefüllt mit Zelten, Freunde treffen, Sport machen, Schule, Konzerte besuchen etc. Jetzt wo es so warm ist, es nicht mehr dunkel wird und sich hier alles seinem Ende neigt, rennt mir die Zeit wirklich davon.
Mein Jahr verlief unglaublich gut, besser als ich es je erwartet hätte. Mit meiner Gastfamilie habe ich großes Glück, ein bisschen den Jackpot gezogen ;D Aber auch meine Schule, meine Freunde und eigentlich mein gesamtes Umfeld hier sind sehr gut und haben mir das Leben einfacher gemacht. Es hätte kaum besser laufen können und inzwischen ist es auch echt schade, bald wieder gehen zu müssen. Ich will hier gar nichts glorifizieren, es gibt natürlich kein perfektes Auslandsjahr. Irgendetwas wird immer nicht sein wie man es sich vorstellt oder erhofft und graue Tage sind ja sowieso Teil des ganzen. Aber ich hatte diese grauen Tage halt nur sehr selten und definitiv nicht so viel wie erwartet. Vieles hier werde ich mit Sicherheit sehr vermissen und es fällt nicht leicht, einfach so zu gehen.
Das hier wird vermutlich mein letzter Blogeintrag in diesem Kapitel sein. Danke an alle, die sich immer meine Einträge durchgelesen haben! Ich hoffe, euch eine Vorstellung meines norwegisches Lebens gegeben und vielleicht das ein oder andere neue berichtet zu haben.
Liebe Grüße
Victor
Na da… dann genieß mal deine letzten Tage 🙂