Archiv für den Monat: Juli 2020

Békéscaba — Årad — Cluj Napoce

Um Rumänien zu erreichen müssen wir also zurück nach Békéscaba. Hier nehmen wir uns zwei Zimmer mit viel Platz und einem Garten. Es ist endlich mal etwas ruhiger. Békéscaba ist eine der Städte, die man schon so oft durchquert, aber noch nie gesehen hat. Wir waren positiv überrascht. Überhaupt hat Ungarn uns einen angenehmen Eindruck vermittelt. Kannten wir es bisher als äußerst autoaffines Land, in dem man schon auch mal “über den Tisch gezogen wird”, haben wir diesmal ganz andere Erfahrungen gesammelt. Die Innenstädte sind häufig verkehrsberuhigt und manchmal sogar autofrei. Die Leute dementsprechend entspannt und im Alltag wird sehr viel mehr Rad gefahren. In Békéscaba konnten wir beobachten, dass im Innenstadtbereich Fußgänger und Radfahrer mit der größten Selbstverständlichkeit Autos an Fußgängerüberwegen warten ließen, ohne, dass irgendwer ungeduldig wurde.

Békéscaba Innenstadt

Überhaupt gibt es an jeder Ecke Zebrastreifen. Das hat dazu geführt, dass Autofahrer immer anhalten, wenn irgendwo Fußgänger am Fahrbahnrand stehen.

Am 28. Juli machen wir uns nun auf nach Arad. Auch dies eine Stadt die man nur von der Durchreise kennt und die man immer so schnell wie möglich verlassen wollte.

Leere Züge, Grenzkontrollen…ein bisschen ist das Reisen so aufregend wie früher. Wir sind neben dem Zugpersonal die einzigen Fahrgäste. Der ungarische Polizist ist freundlich, hat sogar ein paar freundliche Worte für Rumänien übrig. Die Grenzabfertigung dauert ca. 1 Stunde. Aber irgendwann geht es dann doch weiter.

In Arad haben wir eine komfortable Ferienwohnung im Stadtzentrum und lernen auch diese Stadt von einer ganz anderen Seite kennen.  Es gibt sehr viele Altbauten und gar nicht so viel Beton.

Arad

Für die Weiterfahrt versuchen wir hier in Arad einen Mietwagen zu bekommen. Damit wären wir erheblich flexibler und könnten vielleicht doch ein paar unserer Ziele besuchen, die auf dem Plan standen.

Also am Abend gebucht und am Morgen geholt. Allerdings war das ein bisschen zu optimistisch. Natürlich war das Auto noch nicht da und wir müssen noch 2 Stunden warten. Wertvolle Zeit, da das Auto als Fortbewegungsmittel in Rumänien wahrscheinlich nur suboptimal ist. Dafür werden wir mit einem nagelneuen Renault Megane entschädigt.

Inkognito reisen mit Bukarester Kennzeichen

Vor allem die Klimaanlage genießen wir bei 37° Außentemperatur. 13.00 Uhr können wir starten. Dank EU-Autobahnbau geht es gut voran. Durch die Verzögerung schaffen wir es bis Cluj Napoce (Klausenburg). Kurz vor Cluj fängt denn auch die Landschaft an, unsere verblassende Erinnerung an das Land wiederzubeleben. Cluj ist eine Studentenstadt, die ein komfortables ruhiges Quartier und viele Szenecafés für uns bereithält.

Cluj Napoce

Cafés dürfen nur im Außenbereich betrieben werden.

Szeged

Nun also erst einmal Szeged, eine Stadt die oft zerstört und irgendwie immer wieder aufgebaut wurde. Zuletzt Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Dies erklärt die zahlreichen Jugendstilbauten, die zwar imposant, dank Restaurierung aber nur mäßig fotogen sind.

Jugendstil in Szeged

Unser Quartier ist, na sagen wir, … mäßig. Sehr eng und wieder an einer großen Straße gelegen muss man schon Freund hochmotoriger Drehzahlen sein, um das gut zu finden. Dafür liegt es mitten im Zentrum, was andererseits aber in Anbetracht der Größe der Stadt auch nicht unbedingt erforderlich wäre.

Blick aus dem Fenster

Am Samstag kaufen wir uns ein 24-Stunden-Ticket und fahren zunächst an den Stadtrand zu einem “Flohmarkt”. Das enthusiastische Markttreiben in Corona-Zeiten ist aber eher verhalten.

Lost places

Den Rest des Tages verbringen wir mit Bus fahren, im Café (es gewittert sehr oft) und auf dem Sofa.

Am Sonntag spazieren wir zur Touristen-Information, leihen uns Fahrräder und genießen die Möglichkeit, ein paar Kilometer aus der Stadt rauszukommen. Genaugenommen 7 km. Denn die müssen wir dann zurück schieben, weil die Reifen natürlich plattbar sind 😥. Aber egal, laufen tut auch mal gut und es ist noch genügend Zeit am Bahnhof vorbeizufahren um Züge in Richtung Rumänien zu recherchieren.

Nun fängt es an kompliziert zu werden. Nachdem wir uns in langwierigem Abwägen und ständigem Recherchieren der neuesten Meldungen (die es allerdings nicht gibt) für die Weiterfahrt entscheiden, müssen wir feststellen, dass es nur sehr wenig Zugverbindungen gibt. Diese dauern zudem auch noch sehr lange (12 Stunden für 200 km?). So kommt nun noch einmal die Option Bädertour in Ungarn ins Spiel – Vielen Dank an Gabi für den Tipp mit Heviz! Das steht ganz oben auf der Liste. – aber am Ende bleiben wir nun doch bei Rumänien. Das heißt: zunächst zurück nach Békészaba und von da nach Arad. Von Arad am nächsten Tag nach Cluj Napoce und ggf. noch nach Dej. Am dritten Tag könnten wir es dann bis ins Weintal schaffen. Na mal sehen…

Debrecen

Mittwoch: 10.30 Uhr treffen wir uns mit Stöckls auf dem Bahnhof Nyugati und kaufen Fahrkarten nach Debrecen. Eigentlich wäre Miskolc besser gelegen und zum Wandern ein besserer Ausgangspunkt gewesen. Allerdings gab es da nur noch teure und wenig Quartiere. Es scheint, als ob dieses Jahr alle Kreuz(Schiff)Fahrer die Natur entdecken 🤔. Also entdecken wir zur Abwechslung mal die Städte. … aber nur kurz 😉. Debrecen ist die zweitgrößte Stadt in Ungarn und wir planen erst mal noch gemeinsam da zu bleiben.

Bahnhof Debrecen

Daraus wird allerdings nix. Die Quartiersuche gestaltet sich schwierig, da das preiswerte in der Stadt gelegene so heruntergekommen ist, dass selbst wir den Rückzieher machen. Oder sind unsere Ansprüche gestiegen? Vielleicht… Am Ende landen wir jedenfalls in einer relativ teuren Art Ferien-Ressort, Idylle pur, umgeben von einer hohen Mauer direkt neben der Europastraße.

Den Kindern gefällt’s. Es ist sehr grün, mit Grillplätzen und Pool und die Zahl der Gäste hält sich in Grenzen, aber leider 7 km außerhalb an einer Fernverkehrsstraße gelegen. Ein bißchen fühlt man sich wie im Luxusgefängnis. Die Frauen fahren noch einmal mit der Vermieterin zurück in die Stadt und kaufen für die nächsten Mahlzeiten ein. Von ihr gibt’s auch noch mal neue Informationen zu Rumänien, die decken sich leider weitestgehend mit denen, die wir im Zug erhalten haben, nur, dass sie obendrein noch vermutet, dass die Grenzen in einer Woche ganz zu sind.

Den nächsten Tag verbringen wir zwischen Pool, Grill und Sonnenliege bei Aperol und süßen Teilchen.

Ungarischer Gulasch garantiert selbst gekocht

Grappa am Lagerfeuer

Ja, wir können eben auch anders 😉

Von der Stadt sehen wir nicht viel. Und das was zu sehen ist, ist auch nicht sooooo spannend. Am Freitag trennen sich nun unsere Wege. Stöckls versuchen, irgendwo Natur zu finden und bewegen sich in Richtung Norden. Wir fahren weiter nach Szeged. Die Stadt soll ganz sehenswert und sehr touristisch sein. Da dachten wir, das wäre dieses Jahr günstig und wir bleiben noch ein bisschen im Süden. Trotz allem haben wir die Hoffnung auf Rumänien noch nicht ganz aufgegeben, wollen aber noch ein bisschen “Zeit schinden”.

Budapest

Nun sind wir also in Budapest. Das Quartier ist einfach und eng. Aber es befindet sich direkt unterhalb der Fischerbastei. Wir genießen die Stadt mit ihrer Entschleunigung, streckenweise fast schon Entspanntheit. Wir orakeln über das “Wie weiter?” und kommen zu keinem Schluss. Stöckls wollen wandern. Wir überlegen, auf eine Art Interrail umzuschwenken und leere Städte zu besuchen. Andererseits haben wir Rumänien auch noch nicht ganz aufgegeben. Es ist schwierig…

Markthalle

Am Dienstag besuchen wir die Markthalle und das Thermalbad Szechenyie. Hier waren wir schon öfter, aber es ist jedesmal wieder beeindruckend. Mit unserem 24-Stunden-Ticket (ja,so etwas gibt es tatsächlich! Nicht bis 4.00 Uhr morgens) fahren wir wie wild Metro.

Insbesondere die Linie 1 mit ihrem Charme der Jahrhundertwende macht Spaß. Den Abend lassen wir mit unseren großen Kindern in einer Bar ausklingen 😉.

Thermalbad

Metro Linie 1

Start

Wir sind also losgefahren. Zunächst wie geplant über Prag nach Wien. Dann zum Nachtzug nach Bukarest. Waren zunächst noch viele Menschen relativ normal unterwegs, wurde es nun deutlich leerer. Eine Rumänin, die in Wien arbeitet, konnte uns detailliert Auskunft zur aktuellen Corona-Situation geben – das klang gar nicht gut. Um das Land (Rumänien) wieder verlassen zu können, muss man einen Corona-Test machen (80€/Person). D.h. im Klartext: Anders als beim Auswärtigen Amt angegeben, muss man einen Gesundheitsnachweis erbringen. Dieser ist 72 Stunden gültig, aber ab Test, nicht ab Erhalt des Ergebnisses. Man hat dann noch 24 Stunden für den Transit durch Ungarn und Österreich. Schwierig, wenn die Verbindung nicht vorgebucht ist und nur möglich, wenn auch tatsächlich alles fährt. Das kann aber in 3 Wochen schon wieder ganz anders aussehen als jetzt… Dazu kommt: Sobald auch nur 1 Reisende® erhöhte Temperatur hat: Quarantäne; und diese nicht in Deutschland.

Schweren Herzens entscheiden wir uns, den äußerst komfortablen Nachtzug in Budapest zu verlassen. Schnell noch ein Quartier gebucht….

Müde fallen wir ins Bett und harren der Dinge die noch kommen. Nun also erst mal Budapest…

In Budapest merken wir, dass Corona durchaus auch angenehme Seiten hat. Die Fischerbastei ist leer und frei zugänglich. Genauso sind Restaurants leer. Vieles hat aber auch geschlossen und insgesamt fühlt sich alles recht entschleunigt an.

Corona Hochsaison

Burgberg und Fischerbastei

Ohne Worte