29.7. Es ist furchtbar heiß, strahlend blauer Himmel und wir kommen nicht so recht los.
Eigentlich könnte man mal einen faulen Tag mit Museum und Café einlegen. Vielleicht auch Kino; es wird täglich mehrmals ein preisgekrönter Spielfilm gezeigt, der hier spielt: Dede. Aber: das Museum hat zu und irgendwie ist es auch schade, das schöne Wetter nicht zu nutzen. Also entscheiden wir uns für die Gletscher-Tour. Man muss ein Stück mit dem Taxi fahren. Der erstbeste Fahrer – er sammelt uns ein, da sind wir noch gar nicht richtig losgegangen – möchte uns eigentlich lieber nach Ushguli fahren. Nach langem Hin und Her vereinbaren wir für den nächsten Tag einen Ausflug nach Adishi. Für 200,- Lari inklusive Rückfahrt und heute erstmal Gletscher, für 40,- Lari…
Wir fahren los, kommen aber nur bis zum Ortsausgang. Da ist eine Polizeisperre und es gibt kein Durchkommen. Lawine. Scheinbar gibt es für diesen Tag irgendeinen anderen Plan. Wir lehnen die überteuerten Alternativangebote des Fahrers ab und lassen uns ins Zentrum zurück fahren. Als wir den zentralen Platz betreten ist klar, warum das alles nicht funktioniert hat: Heute findet das Svanetien-Festival statt. Mit Musik, Tanz und allen möglichen Verkaufsständen. Die nächsten Stunden können eigentlich nur Bilder, Film und Hörproben beschreiben. Es ist unglaublich. Aus allen umliegenden Dörfern sind die Leute und Ensembles angereist. Es gibt sozusagen einen vollständigen Überblick über svanetische Lieder, Gesänge, Gedichte und Tänze.





Nach einer Siesta kehren wir am Abend noch einmal in die Stadt zurück. Auf der Bühne gibt es etwas modernere Musik, aber unsere Aufnahmefähigkeit ist arg eingeschränkt. Auf der Suche nach einem Restaurant entdecken wir den Verteidiger des Abendlandes, insbesondere des weißen Europas (unseren polnischen Mitbewohner), randvoll unterm Tisch liegen. Einige Georgier versuchen noch zu retten, was zu retten ist… So viel zum Kulturtransfer. Das Festival neigt sich auch dem Ende und nach einem weniger üppigen Abendbrot in einer Touri-Kneipe kehren wir heim.
Die Tour nach Adishi muss der Bruder des Taxifahrers übernehmen. Der ist absolut nicht begeistert darüber, macht’s aber trotzdem. In Adishi haben wir drei Stunden Zeit. Wir laufen das Tal hinter.



Eigentlich suchen wir die Kirche, in der die Svanen Ikonen aufbewahren, die sie erfolgreich gegen eine Überstellung ins Museum verteidigt haben. Tatsächlich sind in der unscheinbaren Kirche solche zu finden. Wir haben Glück, die Kirche ist offen. Wahrscheinlich wegen der Vorbereitung bevorstehender Feierlichkeiten.



Die Kirche selbst erinnert eher an einen Stall, was wohl daran liegt, dass um diese Zeit ein Opferfest stattfindet bei dem 12 Schafe geschlachtet werden. Insgesamt hat der Ort etwas Mystisches…oder besser Okkultes.
Am 31.7., unserem letzten Tag in Mestia gehen wir noch einmal wandern. Zunächst zum “Kreuz von Mestia” mit phantastischem Blick ins Tal und auf das umgebende Bergpanorama.


Zu überwinden sind dabei 900 Höhenmeter, man kommt also auch ohne Gepäck ins Schwitzen.
Dann laufen wir noch weiter zu den Seen, kehren allerdings nach ca. 3/4 der Strecke um, da ein Gewitter aufzieht. Ein bisschen neidisch sehen wir auf die russischen Wanderer, die einfach in der Kühle der Berge auf der grünen Wiese ihr Zelt aufschlagen. Wir müssen aber leider wieder runter und kommen trocken und kaputt in Mestia an. Das Gewitter hat sich verzogen.
Beendet wird der Tag mit einem leider nicht ganz so üppigen Abendbrot in einem Hotel in Mestia und einem Absacker-Wein in einer Bar, die nur Alkohol ausschänkt. Aber man kann den angrenzenden Wehrturm besteigen.



Die Nacht hingegen ist weniger entspannt. Das Bett zu klein, das Wasser immer noch ausgefallen, die deutschen Mitbewohner laut. Wir beschließen, nach dem Frühstück neu zu suchen und dann noch eine kleine Runde zu drehen. Der Vermieter bietet uns an, in ein größeres Zimmer mit eigenem Bad zu wechseln – zum gleichen Preis. Das nehmen wir natürlich gern an 😊 … und machen uns auf den Weg.Es geht mit der Seilbahn nach oben und dann den Kammweg und Abstieg nach Zwirmi (oder auch Tsvirmi).
Zuvor treffen wir aber noch ein Paar aus Frankreich, das wir bereits vor ihrer Wahnsinnstour nach Dartlo in Shenako getroffen haben. Sie haben tatsächlich unsere Übernachtungsempfehlung für Dartlo angenommen und waren ebenfalls von der üppigen Bewirtung begeistert. Darüber haben wir uns natürlich sehr gefreut. Dann erzählen sie von der schwierigen Quartiersuche, weil in Vichnashi das in Swanetien größte Kirchenfest stattfindet. Mit Opferung, Musik und Prozession. Damit steht der weitere Plan natürlich fest. Der Wanderweg ist idyllisch mit tollen Aussichten. Wir ernten Pilze am Wegesrand.
In Zwirmi versuchen wir, ein Taxi nach Vichnashi zu bekommen. Das erste Angebot für 120,- Lari ist uns viel zu teuer.

Allerdings müssen wir schnell feststellen, dass der Preis mit jeder Nachfrage höher wird. Nun sind wir schon bei 250,- bis 300,- Lari. Allerdings ist auch der Preis für die Rückfahrt nach Mestia inakzeptabel. Schweren Herzens entschließen wir uns, den Fußweg nach Mestia anzutreten – 13 km meist Straße – in der Hoffnung auf ein spontane Taxi-Gelegenheit. Und… es funktioniert. Eine Marschrutka erbarmt sich unser gerade als wir an einer Bushaltestelle vorbeikommen. Ziemlich kaputt kommen wir an und müssen den Abend mit einem polnischen Rassisten verbringen. Naja… es gibt schöneres. Aber unser neues Zimmer ist sehr viel komfortabler und wir schlafen sehr viel besser.
Im Zug hat man eine unglaubliche Beinfreiheit und super funktionierendes
In Zugdidi angekommen fahren die meisten Touristen direkt weiter nach Mestia, wir bleiben aber erst noch eine Nacht. Unser Quartier ist etwas weiter draußen, aber ein bisschen laufen tut nach fünfeinhalb Stunden Zugfahrt ganz gut. Wir haben irre viel Platz, ein riesiges Bett, Meta kann Klavier spielen und es scheint sehr ruhig zu werden.
In der Stadt ist Markttag. Da müssen wir natürlich noch mal hin.



































Später wechselt der Weg wieder zu einer “Straße”. Nach zirka vier Stunden erreichen wir – zugegebenermaßen ziemlich fertig – Dartlo, einen authentischen Ort mit alten Schiefersteinhäusern und Wehrtürmen direkt am Fluss gelegen.

Unser vorgebuchtes Quartier befindet sich im gefühlt einzigen Haus mit russischem Charme: Sperrholz an den Wänden und Krankenhaus-Stahlfederbetten. Empfangen werden wir mit georgischer Gastfreundschaft. Es gibt erstmal Tee und Kaffee mit Keksen. Langsam kehren die Lebensgeister wieder und wir gehen zum Fluss, um Haare zu waschen und die brennenden Füße zu kühlen. Unterwegs müssen wir einem ausgedienten Grenzer den Pass zeigen, weil er der Meinung ist, Russland sei zu nah. Aber der Führerschein stellt ihn auch zufrieden 😂. Am Abend genießen wir ein fürstliches Abendbrot mit Salat, gebackenem Gemüse, Schafskäsefladen, Suppe selbst gemachten Pommes, frischem Saft und Wein. Zum Nachtisch Melone und Pfirsisch.

Gut gesättigt gehen wir noch eine Runde durch’s Dorf, bekommen noch einen Tee und fallen nach einem vollen Tag in einen erholsamen Schlaf. Früh, es ist der 20.7., gibt es ein reichhaltiges Frühstück.
Wir ziehen in die andere Richtung, stromabwärts nach Chigho. Bis dahin müssen wir wieder die Straße nehmen. Es ist schnell wieder heiß und anstrengend. Zum Glück fahren keine Autos, so dass sich wenigstens der Staub in Grenzen hält. Chigho ist ein weitestgehend verlassenes Dorf, aber es gibt trotzdem ein Guesthouse mit Café. Wir bekommen Cola, Brot, Tomaten und Käse.
Nun wird der Weg schöner. Ein richtiger Wanderweg am Hang und endlich auch durch den Wald. Unser Plan, am nächsten Zufluss zu zelten, geht leider nicht auf. Das Tal ist zu tief eingeschnitten. Wir müssen ganz ins Tal, fassen Wasser und steigen bis auf die halbe Höhe wieder auf. Da finden wir einen guten Platz zum Zelten.


Dann kommt auch schon der Fahrer und es geht los. Die Bergstraße hält was der Reiseführer verspricht. Tolle Landschaft, steile Hänge, viele viele Kurven. Unterwegs ein paar Pausen, auch mal mit Vodka.
In Omala angekommen, packen wir noch ein bisschen um und ergreifen die Flucht. Es sind einfach zu viele Touristen.Wir suchen schnell einen Platz zum Zelten, kochen Nudeln und fallen nach einem vollen Tag in’s Bett.
Dafür fährt uns die Marschrutka direkt bis vor die Tür. Etwas ausgehungert sortieren wir uns und genießen ein georgisches Abendbrot mit Schaschlik, gegrilltem Gemüse, Kartoffeln und einer Flasche Wein.
Die Vermieterin spricht etwas deutsch, was alles recht vereinfacht. Wir können uns gut unterhalten, gehen noch eine Runde spazieren und hören traditionelle Musik von ihrem Vater. Live! Nach einer ruhigen Nacht und angenehmen Temperaturen geht es nun mit dem Jeep weiter. Eine wohl sehr kurvenreiche steile Berg”straße”…mal sehen 😉


